Wer kennt das nicht von sich selbst…? Endlich eine höchstinteressante Ausbildungsmöglichkeit zu einer bestimmten Thematik gefunden, die nicht nur in den zeitlichen sondern auch noch in den finanziellen Rahmen passt. Herrlich! Man freut sich auf die erste Präsenzveranstaltung und geht danach zwar müde, aber begeistert, motiviert und voller neuer Ideen und vielen guten Vorsätzen nach Hause. Am nächsten Tag hat einen allerdings der Alltag recht rasch wieder, schließlich hat man einiges an liegengebliebener Aufgaben aufzuarbeiten… Und dann – Oh Schreck! Es ist wieder so weit. Am nächsten Tag ist schon die Folgeveranstaltung der Ausbildungsreihe und man hat NICHTS ausprobiert, nachgelesen oder gar umgesetzt. Was ist passiert bzw. warum ist nichts passiert?
Im Rahmen meines Fachvortrages zum Thema Blended Learning in Nürnberg durfte ich mit BildungsexpertInnen unter anderem die Frage diskutieren, wie man diesem Phänomen seitens der Lernkonzeptentwicklung entgegen wirken kann.
Dabei gingen wir von folgender Definition aus:
„Unter Blended Learning wird der einem Lernziel dienliche Mix aktuell verfügbarer Lernmethoden und (Online-)Tools zur Dokumentation, Kommunikation, Kollaboration, Kooperation und Reflexion verstanden, wobei die Abfolge zwischen terminierten Fixpunkten und Selbstlernphasen wechselt.“
Einigkeit herrschte unter allen ExpertInnen, dass die Phasen zwischen den Präsenzveranstaltungen zu aktiven Lern- bzw. Transferphasen erklärt werden müssen und diese von LernexpertInnen zu flankieren sind, da sie für den Gesamterfolg einer Bildungsmaßnahme entscheidend sind.
Damit bleibt zu hoffen, dass das folgend beschriebene Prinzip bei möglichst vielen Bildungsprofis Zustimmung und damit Umsetzung in deren Praxis findet.
Um individuelle kompetenzorientierte Lernziele möglichst effektiv und effizient zu gestalten ist es erforderlich, diese direkt am Puls der aktuellen beruflichen Herausforderungen der täglichen Arbeit anzusiedeln. Damit kommt man ganz automatisch ins produktive Tun und muss sich später keine Gedanken betreffend Lerntransfer mehr machen. Daneben gewinnt das Lernen und die Kompetenzentwicklung im Gegensatz zu den aus der Schule bekannten fremdgesteuerten Lernprozessen, des relevante Mehr an Selbststeuerung und –organisation. Durch die Einbettung des Lernprozesses in die Praxis liegt die Verantwortung für den Lernerfolg automatisch bei den Lernenden selbst. Feedbackprozesse und soziales Lernen mit KollegInnen werden angekurbelt. Um diese „neue“ Art des Lernens zu institutionalisieren ist ein wichtiger Umdenkprozess bei Bildungsverantwortlichen, Lernumgebungs-architektInnen und Lernenden erforderlich, denn der Lernprozess zwischen den Präsenz-veranstaltungen ist enorm wichtig und auch wertvoll für den Erfolg der gesamten Bildungsmaßnahme. So manche Bildungs-institutionen und betriebliche Bildungs-verantwortliche haben dieses Erfordernis bereits erkannt und gestalten diese Phase bewusst mit Transferaufgaben oder sogar echten Projekten aus der Praxis, Initiierung von Reflexions-prozessen und setzen LernbegleiterInnen ein.
Die Aufgaben der LernbegleiterInnen erstrecken sich über die Erarbeitung, Definition und Festhaltung von Lernbedarfen, der Begleitung und Unterstützung von Lernplanung und –weg sowie der Reflexion von Lernerfolgen und –hindernissen. Die wichtigste Anforderung an LernbegleiterInnen ist deren Expertise auf dem Gebiet des Lernens. Tiefgreifendes Fachwissen ziehen sie bei Bedarf über Fach-expertInnen hinzu.